Neues Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen wurde verabschiedet

Die Reformen im Vergaberecht reißen nicht ab. Am 26. Januar 2017 hat nun der Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen ein neues Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen – TVgG NRW) verabschiedet, das überwiegend am 1. April 2017 in Kraft tritt.

Durch das neue TVgG NRW soll – soweit man beim TVgG NRW überhaupt davon sprechen kann – eine Vereinfachung sowie Entbürokratisierung für Vergabestellen und Unternehmen erfolgen.

Nachfolgende Änderungen sind dabei insbesondere hervorzuheben:

  • Das TVgG NRW findet grundsätzlich ab einem neu eingeführten einheitlichen Schwellenwert von 20.000 € Anwendung und wird somit für manche Verpflichtungserklärungen herabgesetzt. Lediglich § 6 (Berücksichtigung von Aspekten des Umweltschutzes und der Energieeffizienz) und § 7 (Beachtung von Mindestanforderungen der Internationalen Arbeitsorganisation an die Arbeitsbedingungen) finden bereits ab einem Schwellenwert von 5.000 € Anwendung.
  • Die erforderlichen Nachweise und Erklärungen müssen nur noch von den Bietern, die den Zuschlag erhalten sollen, innerhalb einer genau bestimmten Frist erbracht werden (Bestbieterprinzip).
  • Der vergabespezifische Mindestlohn orientiert sich künftig am Mindestlohngesetz (MiLoG) und beträgt nun mindestens – im Vergleich zum Vorschlag der Landesregierung durch den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk um einen Cent abgesenkt – 8,84 €.
  • Die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache „RegioPost“ (C-115/14) wird in § 4 Abs. 3 Satz 3 TVgG NRW zur Klarstellung aufgenommen. Eine Verpflichtung zur Vorlage einer Verpflichtungserklärung zum Mindestlohn kann demnach nur gefordert werden, wenn die ausgeschriebene Leistung innerhalb Deutschlands erbracht wird.
  • Die Prüfbehörde wird in das für Arbeit zuständige Ministerium verlagert. Neu hinzu kommt eine Servicestelle, die bei dem für Wirtschaft zuständigen Ministerium angesiedelt ist. Die Servicestelle sichert eine unentgeltliche Beratung zum Anwendungsbereich und zu Anwendungsfragen des TVgG NRW.
  • Die Landesregierung wird nun ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzulegen, welche Produkte und Produktgruppen vom Anwendungsbereich des § 7 (Beachtung von ILO-Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen) umfasst werden. Daneben soll die Rechtsverordnung Regelungen bezüglich der Nachweiserbringung sowie der vertraglichen Ausgestaltung von Kontrollen und Sanktionen enthalten.
  • Zur Vereinfachung der Nachweiserbringung kann durch Rechtsverordnung ein Siegelsystem eingeführt werden (vgl. § 16 Abs. 4 Nr. 5 TVgG NRW). Durch Vorlage des Siegels sollen die entsprechenden Nachweise und Erklärungen abgedeckt sein.

Zwar verdient das TVgG NRW mit seinen übergeordneten Zielen einer sozialverträglichen, umweltfreundlichen, energieeffizienten, gleichstellungs- und integrationsfördernden sowie mittelstandsfreundlichen Ausgestaltung von Vertragsbeziehungen keine Schelte. Allerdings ist die Anwenderfreundlichkeit trotz vermeintlicher Vereinfachungstendenzen – insbesondere mit Blick auf neue Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen zum Gesetz – weiterhin zu hinterfragen. Allein die Tatsache, dass eine Servicestelle aufgrund des Wunsches von Vergabestellen und Unternehmen nach einem verbesserten Informationsangebot erforderlich ist, lässt die Frage nach der tatsächlichen Anwenderfreundlichkeit dieses Gesetzes aufkommen.

 

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